Das Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) und das Hanse-Wissenschaftskolleg, Institute for Advanced Study (HWK), haben für die Dauer der UN-Ozeandekade das Artist-in-Residence-Programm “ArtWaves” ins Leben gerufen, das jährliche Stipendien anbietet.
ArtWaves
Das HWK und das HIFMB haben ein gemeinsames jährliches Artist-in-Residence-Fellowship eingerichtet. Die Kunstprojekte im Rahmen dieses Programms sollen Aspekte des Wandels der marinen Biodiversität aufgreifen und das öffentliche Verständnis und den Wissenstransfer in einer sich verändernden Welt durch Kunst fördern. Hauptziele sind die Entwicklung neuer Formate für den Transfer von Wissenschaft in gesellschaftliche und/oder politische Debatten und der Aufbau neuer Netzwerke zur Förderung der Sichtbarkeit der Forschung über die biologische Vielfalt der Meere. Das HIFMB strebt eine möglichst intensive Zusammenarbeit an und schafft die Rahmenbedingungen für einen inspirierenden und kreativen kollegialen Dialog zwischen Künstler*innen und Forschenden. Wir laden die Künstler*innen dazu ein, vor allem Nachwuchswissenschaftler*innen einzubeziehen und mit ihnen Ideen und Wege zu erkunden, wie sie neue Denk- und Arbeitsweisen in ihre Arbeit integrieren können. ArtWaves hat den Anspruch, den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse auch an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik zu fördern, wo wissenschaftliche Erkenntnisse ihren Weg in die Umsetzung und Gesetzgebung finden. Durch die Förderung von Kreativität und Innovation will das Programm nicht nur aufklären, sondern auch zum Handeln anregen und das Bewusstsein für den Schutz der Ozeane und die Erforschung der biologischen Vielfalt im Meer schärfen. Diese Zusammenarbeit ist eng mit der Ozeandekade der Vereinten Nationen verknüpft und als offizielle Ozeandekaden Action anerkannt.
Der Call für das Fellowship 2026 öffnet im Sommer 2025.
Das nächste Fellowship soll Anfang 2025 beginnen und 3 bis 4 Monate dauern.
Der Artist in Residence wird durch das HIFMB und die HWK finanziert. Das Fellowship umfasst ein monatliches Stipendium (2.500 €), freie Unterkunft am HWK Delmenhorst und einen Reisekostenzuschuss.
ArtWaves legt großen Wert auf Vielfalt und Inklusivität und heißt Künstler*innen mit unterschiedlichem Hintergrund willkommen. Wir haben den Ehrgeiz, der geschlechtlichen, generationellen und geografischen Vielfalt keine Grenzen zu setzen – weder bei der Auswahl der Künstler*innen noch bei der Definition der Zielgruppe oder des Publikums.
Erwartungen an den oder die Artist in Residence:
- Schaffung eines neuen Werks: Vom Artist in Residence wird erwartet, dass er oder sie bis zum Ende des Aufenthalts ein neues künstlerisches Werk schafft, das für eine Ausstellung oder Aufführung bestimmt sein könnte.
- Planung für Ausstellung oder Aufführung: Der oder die Künstler*in sollte in Zusammenarbeit mit dem HWK und dem HIFMB geeignete Möglichkeiten zur Präsentation des neu geschaffenen Werkes planen, sei es durch Ausstellungen oder Aufführungen oder ähnliches.
- Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen und in Projekten: Der oder die Künstler*in sollte aktiv mit Forschenden zusammenarbeiten und sich in laufende Projekte am HIFMB einbringen, vorzugsweise unter Einbeziehung von Nachwuchswissenschaftler*innen.
- Künstlerische Öffentlichkeitsarbeit durch Einbeziehung der Öffentlichkeit: Der oder die Künstler*in sollte nach Möglichkeiten suchen, die Öffentlichkeit durch künstlerische Aktivitäten einzubeziehen.
- Spende einer Arbeitsprobe: Von dem oder der Künstler*in wird erwartet, dass er oder sie den gastgebenden Organisationen ein Muster seiner während des Aufenthalts entstandenen Arbeit zur Verfügung stellt.
- Teilnahme an Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit: Der oder die Künstler*in sollte sich bereit erklären, sich an der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit dem Aufenthalt zu beteiligen, z. B. durch die Dokumentation der laufenden Arbeiten durch Fotos.
- Einreichen des Evaluationsberichts: Nach Beendigung des Aufenthalts muss der oder die Künstler*in einen schriftlichen Evaluierungsbericht vorlegen, der eine Bewertung der Aufenthaltserfahrung und der erzielten Ergebnisse enthält.
- Einfügen von Logos: Der oder die Künstler*in sollte die Logos der beiden Gastgeberorganisationen und, sofern bestätigt, das Logo der UN-Ozeandekade auf den während des Aufenthalts herausgegebenen Produkten anbringen.
- Präsentation in Seminaren: Vom Künstler oder Künstler*in wird erwartet, dass er oder sie die Arbeit in Seminaren des HWK und des HIFMB vorstellt.
HWK Delmenhorst: Das Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) ist ein Institute for Advanced Study, das von den Bundesländern Bremen und Niedersachsen sowie der Stadt Delmenhorst als Stiftung gegründet wurde. Es ermöglicht den Aufenthalt in einer internationalen und multidisziplinären Gemeinschaft von Forschenden (Stipendiat*innen), die verschiedene akademische Disziplinen vertreten. Der oder die ausgewählte Artist in Residence erhält eine möblierte und ausgestattete Wohnung auf dem HWK-Campus und einen eigenen Arbeitsbereich, um den kreativen Prozess zu fördern. Darüber hinaus erhält er oder sie Unterstützung bei der Knüpfung von Kontakten und Verbindungen zu den Kunst- und Kultureinrichtungen der Region. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, die Bereiche Kunst und Wissenschaft durch persönlichen Austausch zusammenzubringen. Alle Stipendiat*innen, einschließlich der Artists in Residence, sind verpflichtet, für die Dauer ihres Stipendiums auf dem HWK-Campus zu wohnen und sich mit anderen Stipendiaten auszutauschen (Details zur Unterkunft).
HIFMB Oldenburg: Das HIFMB ist eine Kooperation zwischen dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und der Universität Oldenburg. Es erforscht die marine Biodiversität und ihre Bedeutung für die Funktion mariner Ökosysteme und erarbeitet die wissenschaftlichen Grundlagen für den marinen Naturschutz und das Ökosystemmanagement. Der Künstler wird voll in die Arbeitsgruppen der Oldenburger Forschenden integriert. Das internationale, interdisziplinäre und dynamische Arbeitsumfeld ist ein Nährboden für neue Inspiration. Ziel des HIFMB ist es, eine intensive Zusammenarbeit zu ermöglichen und ein Umfeld zu schaffen, das einen inspirierenden und kreativen kollegialen Dialog zwischen Künstler*in und Wissenschaftler*innen fördert.
Weitere Informationen über die teilnehmenden Einrichtungen finden Sie auf deren jeweiligen Websites: HWK und HIFMB.
Der Inhalt des Artist-in-Residence-Programms steht im Einklang mit den Zielen der Ozeandekade der Vereinten Nationen. Die Ozeandekade dient als Plattform für die Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen und Interessenvertreter*innen aus verschiedenen Bereichen, um die Ozeanforschung voranzutreiben. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, unser Verständnis des Ozeansystems zu verbessern und den Fortschritt in der Ozeanforschung zu beschleunigen.
Im Zusammenhang mit den Herausforderungen der Ozeandekade ermutigen wir die Kunstschaffenden, sich auf die Herausforderung 2 der Ozeandekade zu konzentrieren: Schutz und Wiederherstellung von Ökosystemen und biologischer Vielfalt (mehr dazu auf YouTube).
Die Auswahl des oder der erfolgreichen Künstler*in erfolgt auf der Grundlage der folgenden Kriterien:
- Innovatives und relevantes Projekt: Wir legen Wert auf Projekte, die innovative Ideen und einen starken Bezug zu den Themen unseres Programms aufweisen. Das vorgeschlagene Projekt sollte Grenzen überschreiten und neue Horizonte an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft erkunden.
Bitte beachten: Das Stipendium richtet sich nicht an Wissenschaftskommunikator*innen, sondern ausdrücklich an Künstler*innen, die an der Schnittstelle zur Wissenschaft arbeiten möchten. - Übereinstimmung mit den Missionen von HIFMB und des HWK und den Zielen der Ozeandekade: Die Projekte der Bewerber*innen sollten sich klar an den Missionen von HIFMB und HWK sowie an den übergreifenden Zielen der Ozeandekade orientieren, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Herausforderung 2 liegen sollte.
- Qualität, Effizienz, Kohärenz und Durchführbarkeit des Arbeitsplans: Der eingereichte Arbeitsplan sollte einen umfassenden und effizienten Ansatz zur Erreichung der künstlerischen Ziele innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens skizzieren und ein klares Verständnis der Projektdurchführung zeigen. Darüber hinaus sind die Kohärenz und die Durchführbarkeit der Ziele des vorgeschlagenen Projekts von wesentlicher Bedeutung. Auch das Potenzial des Projekts, verschiedene Zielgruppen anzusprechen, steigert seinen Wert.
- Kreativität und Originalität: Die bisherige Arbeit des oder der Bewerber*in dient als Indikator für seine Kreativität und Originalität. Wir bewerten die unverwechselbaren und phantasievollen Qualitäten, die im Portfolio eines oder einer Künstler*in erkennbar sind.
- Effektive Kommunikation, Engagement und Vielfalt des Publikums: Die Antragsteller*innen sollten sich sorgfältig überlegen, welche Instrumente und Formate sie für die Kommunikation ihrer Arbeit einsetzen wollen. Der gewählte Ansatz sollte eine möglichst große Reichweite und Wirkung haben und ein vielfältiges Publikum ansprechen.
Bewerbungen werden nur in elektronischer Form angenommen und müssen in englischer Sprache eingereicht werden.
Zur Zeit ist der Call nicht geöffnet und es sind keine Bewerbungen möglich.
- Ausgefülltes Bewerbungsformular (hier herunterladen) mit einer Kurzbeschreibung des Projekts (max. 1500 Zeichen inklusive Leerzeichen)
- Motivationsschreiben
- Projektbeschreibung mit Erläuterung des geplanten Arbeitsablaufs und Referenzen (max. 5 Seiten)
- Lebenslauf inkl. Auflistung von Publikationen, Ausstellungen oder Auftritten (bis zu 10 Beispiele)
- Arbeitsproben
- Zwei Namen von Expert*innen auf dem Gebiet als Referenzpersonen (Referenzschreiben werden von Bewerber*innen verlangt, die die zweite Auswahlrunde erreichen)
Ein interdisziplinäres Komitee des HIFMB und des HWK sowie dessen künstlerischer Beirat treffen eine Vorauswahl der am besten geeigneten Kandidat*innen. In einem zweiten Schritt werden die in die engere Wahl gekommenen Bewerber*innen interviewt.
Neben der persönlichen Qualifikation der Kandidaten spielen die oben genannten Kriterien während des gesamten Auswahlverfahrens (einschließlich der Interviews) eine wichtige Rolle.
Fragen zum Bewerbungsverfahren können an AiR@HIFMB.de gerichtet werden.
Bisherige Calls
Anna Pasco
Anna Pasco ist eine spanische Künstlerin, die in Deutschland lebt und arbeitet. Ihre Kunstprojekte entwickeln sich häufig rund um symbiotische Beziehungen sowie die Koexistenz des Menschen mit anderen Arten und der Umwelt. Anna verbindet in ihren Werken Kunsttheorie, Popkultur und Wissenschaft und arbeitet mit einer Vielzahl an Materialien und Methoden – in ihren Werken und Installationen kommen Malerei und Keramik genauso zum Einsatz wie künstliche Intelligenz oder Proben aus dem Meeresboden.
Angeregt durch ArtWaves und den Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am HIFMB und dem Hanse Wissenschaftskolleg sind mehrere Arbeiten entstanden. So zum Beispiel „Permeable Boundaries“, eine Installation an der Schnittstelle des menschlichen Verdauungssystems und Sedimenten sowie den darin lebenden Organismen. Das performative Abendessen „Fressen und gefressen werden“ richtet den Blick der Teilnehmenden von der Mikroebene, in der sie sich des mikroskopischen Lebens bewusst werden, das die Lebensmittel verstoffwechselt, bis hin zur Makroebene mit Konzepten aus der Geologie wie der Tiefenzeit.
Weitere Projekte wie z.B. ein Parfum des Meeresbodens und Skulpturen aus Sedimenten des Meeresbodens sind in Arbeit.
Mita Mahato
Von Januar bis April 2023 war die in Seattle lebende Papierschnitt-, Collage- und Comix-Künstlerin Mita Mahato zu Gast am HIFMB. Sie war die erste Künstlerin, die an einem gemeinsam entwickelten Artist-in-Residence-Programm des Hanse Wissenschaftskollegs (HWK) und des HIFMB teilnahm, das den Dialog zwischen mariner Biodiversitätsforschung und Kunst fördern soll.
Warum ein Artist in Residence? Mit dem Programm wollen wir das öffentliche Verständnis für die marine Biodiversität fördern und neue Formate entwickeln, um die Wissenschaft in gesellschaftliche Debatten zu übertragen. Auch Mita unterstützte diese Ziele und betonte, dass einer der wichtigsten Werte eines Künstlers in einer Wissenschaftsgemeinschaft darin besteht, einander und den Interessengruppen zu zeigen, dass es natürliche Anknüpfungspunkte zwischen den verschiedenen Disziplinen gibt. Es ist für alle von Vorteil, über die verschiedenen Möglichkeiten nachzudenken, wie man ähnliche Ideen und Anliegen angehen kann, damit wir besser zu gemeinsamen Lösungen kommen können.
„What was exciting to learn was that we share a way of thinking about marine biodiversity, but our different disciplinary backgrounds give us different lenses, vocabularies, motivations, and projects through which to understand, discuss, and share our passions.”
Mita Mahato
Mita hat an Arbeitsgruppensitzungen teilgenommen und stand in intensivem Austausch mit vielen Wissenschaftlern am HIFMB. Sie hat Workshops für Wissenschaftler, Mädchen im Teenageralter und (angehende) Lehrer gegeben, in denen es darum ging, wie man künstlerische Ansätze nutzen kann, um den globalen Wandel, seine Auswirkungen auf den Menschen und die damit verbundenen Emotionen zu verstehen und zu verarbeiten.
Während ihres Aufenthalts entwickelte Mita ihr Projekt über den Walfall weiter. Es besteht aus neun Seiten visueller Poesie, die dem Phänomen des Walfalls auf den Grund gehen und zum Nachdenken über die verstrickten Beziehungen zwischen dem Leben im Meer und an Land anregen. In Anlehnung an die Umwelt-DNA-Forschung und Sequenzierungsmethoden, die sich Organismen in Lösung nähern, experimentiert Mita mit Buchstabenformen und Farbkodierungen, um zu fragen, welche Stimmen, Linien und Überlebensmöglichkeiten in dem Geflecht widerhallen.
Die HIFMB-Wissenschaftler schätzten die Interaktion mit dem Künstler und die Tatsache, dass sie aus ihrer Komfortzone heraustreten und außerhalb ihrer wissenschaftlichen Blase denken mussten. Sie stellten fest, dass Spannungen zwischen verschiedenen Wissensarten und Denkweisen zu äußerst produktiven neuen Ideen führen und zu einer widerstandsfähigeren und strengeren wissenschaftlichen Praxis beitragen können.
Die Zusammenarbeit zwischen der Künstlerin und den Wissenschaftlern des HIFMB wird fortgesetzt. Mitas Arbeit über den Walfall wird im neuen HIFMB-Gebäude ausgestellt und ist in der Sommerausgabe 2023 des Ecotone Magazine abgedruckt.
Wenn Sie mehr über Mitas Leben, ihre Arbeit und ihre Motivation erfahren möchten, hören Sie sich diese Podcast-Folge an: Mita Mahato – On Art as Science Communication and Her Very Old Cat
Zur Website von Mita Mahato
Die UN-Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung 2021-2030
ArtWaves ist eine offiziell anerkannte Action der Ozeandekade der Vereinten Nationen. Das Artist-in-Residence-Programm fügt sich inhaltlich in die Herausforderungen der Ozeandekade ein. Sie bietet Wissenschaftlern und Interessenvertretern aus verschiedenen Sektoren einen Rahmen für die Zusammenkunft, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Partnerschaften zu entwickeln, die erforderlich sind, um Fortschritte in der Meereswissenschaft zu beschleunigen und zu nutzen, um ein besseres Verständnis des Ozeansystems zu erreichen.