Zwei ausführliche Präsentationen, entwickelt von zwei jungen Wissenschaftlerinnen, ermöglichen es Lehrkräften, mit ihren Schülerinnen und Schülern einen spannenden Einstieg in das Thema biologische Vielfalt im Meer zu finden. Konkret geht es dabei um die Walforschung, um das Nahrungsnetz in der Antarktis und die besondere Fähigkeit von Walen, Schallwellen zu hören und zu nutzen.
Jasmin Groß ist Nahrungsnetzökologin am HIFMB, Elena Schall Bioakustikerin am AWI, und beiden liegt viel daran, ihre Forschung nicht nur innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu teilen, sondern auch und besonders darüber hinaus.
Aus dieser Motivation heraus sind die Vorträge entstanden. Die Präsentationen mit ausführlichen Begleitnotizen können frei heruntergeladen und genutzt werden. Darüber hinaus bieten die Forscherinnen auch an, die Vorträge selbst in den Klassen zu halten (vor Ort oder online) und der Klasse im Anschluss Fragen zu beantworten.
Das antarktische Nahrungsnetz ist ein komplexes System von Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Organismen in der Antarktis. In diesem einzigartigen Ökosystem spielen Krill, kleine Krebstiere, eine zentrale Rolle als Hauptnahrungsquelle für viele Tiere, darunter Fische, Vögel und Wale.
Die Nahrungskette beginnt mit dem Phytoplankton, das Sonnenlicht nutzt, um Photosynthese zu machen und Glukose als grundlegende Energiequelle zu produzieren. Krill ernähren sich von diesem Phytoplankton und dienen wiederum als Nahrung für verschiedene Arten von Fischen, Pinguinen, Robben und Walen. Dabei ist immer die Frage: Wer ist Jäger und wer ist Beute?
Das antarktische Nahrungsnetz ist sehr empfindlich gegenüber Veränderungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Veränderungen in der Eisdynamik, der Meeresstruktur und der Verfügbarkeit von Nahrung können Auswirkungen auf das gesamte Nahrungsnetz haben und das Gleichgewicht des Ökosystems beeinträchtigen. Am AWI erforschen wir diese Zusammenhänge, indem wir Wale, die an der Spitze des Nahrungsnetzes stehen, beproben um Aufschlüsse über das gesamte Nahrungsnetz zu erlangen. Dafür analysieren wir die Zusammensetzung des Fettgewebes von Walen, in dem viele Informationen zu wann, wo und was ein Wal in seinem Leben gefressen hat, gespeichert sind. Somit können wir besser verstehen, wie das antarktische Nahrungsnetz funktioniert und wie es auf Umweltveränderungen reagiert.
Die Fähigkeit von Walen, Schallwellen zu hören, spielt eine entscheidende Rolle in ihrem Überleben und Verhalten. Wale verwenden Schall für verschiedene Zwecke, darunter die Kommunikation, die Navigation und die Ortung von Beutetieren.
Zahnwale verwenden sogar eine ganz besondere Fähigkeit, um sich in ihrer Umgebung zu orientieren und Nahrung zu finden. Dieser Prozess heißt Echolokalisation und beinhaltet das Aussenden von Schallimpulsen, die von Objekten in der Umgebung reflektiert werden. Anhand der zurückkehrenden Echos können die Wale dann Entfernungen, Größen und Formen von Objekten bestimmen.
Die Fähigkeit, Schallwellen wahrzunehmen, ist besonders wichtig in den oft dunklen und tiefen Ozeanen, in denen das Sehen eingeschränkt ist, der Pottwal aber zum Beispiel auf die Jagd nach Riesenkraken geht. Die Erfolgschancen dieser Jagd können allerdings erheblich eingeschränkt werden, wenn es im Ozean durch menschengemachten Lärm, wie z.B. Schiffsgeräusche, zu laut wird. Denn Schiffslärm kann die Echolokalisationssignale der Pottwale und deren Echos überlagern und daher die Fähigkeit der Wale beeinträchtigen, Beute präzise zu orten.
Wir erklären, wie die Foschung des AWIs dazu beiträgt die Verbreitung und das Verhalten von verschiedenen Meeressäugern mit Hilfe von akustsichen Unterwasseraufnahmen in den Polarmeeren zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse sind von entscheidender Bedeutung für den Schutz der empfindlichen polaren Ökosysteme, weil das Management von menschlichen Aktivitäten, wie Schifffahrt und Fischerei, besser gestaltet werden kann, um Auswirkungen auf Tiere und deren Lebensräume zu minimieren.
Die Wissenschaftlerinnen
Jasmin Groß untersucht anhand von Proben aus der Haut von Walen, was Buckelwale fressen, wo sie das tun und warum. Aufschluss darüber geben ihr stabile Isotopen in den Proben. Mit ihrer Forschung geht sie den Fragen auf den Grund, wie Kohlenstoff durch verschiedene trophische Ebenen im südlichen Ozean zirkuliert und ob Wale zur Klimawandelbekämpfung beitragen können. Dadurch das Wale in der Tiefe fressen, aber nur an der Oberfläche ausscheiden, bringen sie durch ihre Fäkalien wichtige Nährstoffe an die Oberfläche die vom Phytoplankton genutzt werden können. Dies führt zu einer höheren Biomass an Phytoplankton und demnach mehr Kohlenstoffdioxide Verbrauch.
Mail: jasmin.gross@hifmb.de
Elena Schall ist Meeresbiologin und auf Bioakustik spezialisiert. Sie entwickelt Algorithmen, um passive akustische Daten (Geräusche, die von Unterwassermikrofonen über Monate hinweg in der Arktis und Antarktis aufgezeichnet werden) zu auszuwerten. Die Analyse gibt Rückschlüsse über das Vorkommen verschiedener Meeresbewohner und hilft, ökologische Fragen zu beantworten. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat Elena Schall unter anderem die Auswirkungen von Klimaschwankungen auf die akustische Präsenz von Buckelwalen modelliert und die Ähnlichkeit von Gesängen als Indikator für den Austausch zwischen Populationen geschätzt. Derzeit arbeitet sie daran, künstliche Intelligenz zur Erkennung und Klassifizierung von passiven akustischen Meeresdaten einzusetzen, sowohl für biologische als auch für anthropogene Geräusche.
Mail: elena.schall@awi.de