Mit diesen erschöpften aber glücklichen Worten verkündete Rena Lee, Präsidentin der UN Verhandlungen zu einem Schutz der Biodiversität in internationalen Gewässern, dass die Mitgliedsstaaten sich am 7.3.2023 nach mehr als 10 Jahren auf ein Abkommen geeinigt hatten. Der offene Ozean außerhalb der 200 Seemeilen unterliegt keiner nationalen Rechtsprechung, umfasst aber 60% der Oberfläche der Erde – und 95% des von Lebewesen bewohnbaren Volumens des Planeten. Diese biologische Vielfalt war bisher gar nicht oder unzureichend geschützt. Deswegen stimmt die nun erzielte Einigung auf ein „Abkommen zur Biodiversität außerhalb nationaler Jurisdiktion“ hoffnungsvoll, da in allen drei Eckpfeilern des Abkommens wichtige Kompromisse erarbeitet wurden.
„Das Abkommen stimmt hoffnungsvoll, da in allen drei Eckpfeilern wichtige Kompromisse erarbeitet wurden.”
Helmut Hillebrand, HIFMB-Direktor
Erstens gibt es ein klares Bekenntnis zum Schutz der Biodiversität der Hohen See und der Tiefsee. Die Errichtung neuer Schutzgebiete soll mit einer ¾ Mehrheit beschlossen werden können, was vermeidet, dass einzelne Länder Konsensentscheidungen verhindern können. Zweitens sollen Aktivitäten, deren Konsequenzen potenziell weitreichend sind, einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Drittens wird es einen Vorteilsausgleich geben, der dafür sorgen soll, dass die Gewinne aus dem Menschheitserbe Ozean nicht durch einzelne Firmen oder Staaten, die derzeit technologische Vorteile haben, monopolisiert werden. Da nur wenige Länder derzeit Hochseeforschung und –nutzung betreiben können, war es ein nachvollziehbares Desiderat der sich entwicklenden Länder, an den Gewinnen aus solcher Forschung (zB biotechnologische oder medizinische Produkte) beteiligt zu werden. Statt einer fallweisen Abrechnung, die ein erheblicher Einschnitt in die Freiheit der Forschung gewesen wäre, soll nun neben dem Kapazitätsaufbau, der freien Verfügbarmachung von Daten und dem Transfer von Technologie ein pauschalisierter monetärer Ausgleich in Form eines Fonds erreicht.
Um im Bild von Rena Lee zu bleiben, so hat das Schiff das Ufer erreicht – aber noch nicht den Hafen. Zunächst muss der Vertragstext im Konsensverfahren (ad referendum) angenommen werden, danach müssen mindestens 60 UN Mitglieder den Vertrag ratifizieren um ihn in Kraft zu setzen. Dann erst beginnt die eigentliche Umsetzung, dazu muss es Konferenzen der Vertragsstaaten zur inhaltlichen Ausgestaltung geben, begleitet von einem wissenschaftlich-technischen Ausschuss und einem Sekretariat. Überlappungen mit anderen schon existierenden Abkommen müssen eruiert und gelöst werden, während jeder Mitgliedsstaat die rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen für die Umsetzung schaffen muss.