Polar Sounds: Die Klänge der arktischen und antarktischen Meere neu erleben

Von allen Sinneseindrücken ist der Schall derjenige, der sich in den Ozeanen am weitesten ausbreitet. Aus diesem Grund sind akustische Methoden ein wichtiges Instrument, das Forschende einsetzen, um die Polarmeere und die darin existierende Artenvielfalt besser zu verstehen. Denn allein durch die Tiefe der Ozeane oder durch Eisbedeckung kommen optische Beobachtungen an ihre Grenzen. Dort können akustische Daten unschätzbare Informationen geben über Fortpflanzungsgewohnheiten, Migrationsmuster und den negativen Einfluss durch vom Menschen verursachten Lärm auf die Meeresumwelt. Die Untersuchung der Geräuschkulisse der Meere verrät also viel über den Zustand der Ozeane.

„Wir haben uns gefragt, was wir mit diesen Daten tun können, außer sie wissenschaftlich auszuwerten. Wie können wir diese weltfremden Klänge mit dem Rest der Welt teilen? Diese Fragen gaben uns den Anstoß zum Polar Sounds Projekt.“

Dr. Geraint Rhys Whittaker, künstlerischer Forscher am HIFMB und Projektkoordinator für Polar Sounds

Polar Sounds ist eine Kunst-Wissenschafts-Kooperation, in der Klangkunstschaffende aus aller Welt 50 Soundclips aus den arktischen und antarktischen Meeren für eigene Kompositionen nutzen konnten. Fast 300 Künstler und Künstlerinnen aus 45 Ländern bewarben sich, um die Möglichkeit zu erhalten, diese Klänge neu zu interpretieren.
Die Werke von 104 Klangkünstlerinnen und -künstlern wurden nun veröffentlicht.

„Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2021 bis 2030 zur Dekade der Ozeane erklärt und es ist unerlässlich, dass wir wichtige Forschung über unsere Meere einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen“, erklärt Geraint Rhys. „Was mir bei der Arbeit an diesem Projekt besonders gut gefallen hat, ist die Einzigartigkeit dieser Klänge und wie sie eine intuitive Verbindung zwischen uns als Menschen und dem Meer herstellen können. Der nächste Schritt des Projekts wird sein, diese Klänge in einer Wanderausstellung vorzustellen.“ Eine Auswahl der Stücke wird während des HIFMB-Symposiums im Sommer 2023 in Oldenburg präsentiert, weitere Orte werden auf der HIFMB-Webseite bekannt gegeben, sobald sie feststehen.

Auch aus wissenschaftlicher Sicht war es ein spannendes Projekt. Dr. Ilse van Opzeeland ist eine der führenden Wissenschaftlerinnen der Ocean Acoustics Group am AWI, die zusammen mit ihrer Arbeitsgruppe die Aufnahmen zusammengetragen hat.

„Die Klanglandschaften, die wir in den Polarmeeren aufzeichnen, sind atemberaubend in Bezug auf die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sie liefern, seit wir unser passives akustisches Monitoring begonnen haben. Eine ‚Übersetzung‘ durch die Kunst haucht unseren wissenschaftlichen Daten neues Leben ein, das über eine traditionelle Publikation oder ein Strategiepapier hinausgeht, indem es sie für Nichtwissenschaftler zugänglich macht. Wir müssen die größten Anstrengungen unternehmen, um die gefährdeten Lebensräume unseres Planeten zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen. Das Zusammenwirken von Kunst und Wissenschaft kann dabei helfen, indem es dafür ein Bewusstsein und Aufmerksamkeit schafft.“

Dr. Ilse van Opzeeland

Doch kann eine künstlerische Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Themen und Objekten noch mehr? Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Geraint Rhys Whittaker, Prof. Kimberley Peters und Dr. Ilse van Opzeeland, führen qualitative Interviews mit teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern. So möchten sie ergründen, inwiefern die Kunst innovative und marginalisierte Perspektiven offenlegt, die sonst unerforscht bleiben würden, und wie Künstlerinnen und Künstler an die kreative Interpretation wissenschaftlicher Daten herangehen – um so neue Wege des Dialogs zwischen Kunst und Wissenschaft zu eröffnen.

Im Rahmen des Projekts Polar Sounds kooperieren das Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) und das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) mit einem der weltweit größten Klangprojekte, Cities and Memory.

Photo: Cities and Memory

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